Auf Zeitreise durch Wietzens Landwirtschaft
Dorfkulturkreis Wietzen lud mit Nachmittags- und Abendvorstellung zum Kinotag ein
Kinotag beim Dorfkulturkreis Wietzen mit Zeitreise: Vorsitzender Wilhelm Lüdeke hat aus dem einmaligen Super-Acht-Filmarchiv seines Vaters von 1946 an den Wandel der Landwirtschaft im Dorf digitalisiert und dokumentiert.
Kartoffelkäfer-Absuchen im Nachkriegsjahr, Feldbestellung mit Pferd und Pflug, die ersten stolz präsentierten Traktoren der 50er und 60er Jahre, Schweine- und Milchviehhaltung in den 80ern – das alles gefilmt mit örtlichen Protagonisten. „Guck mal, das ist ja …!“ hieß es manches Mal beim Wiedersehen mit alten Bekannten oder jugendlichen Darstellern, die jetzt ergraut im Publikum saßen.
Schon anno 1959 hatte Heinrich Lüdeke auch Wietzens Dorf-Tierarzt Dr. Werner Hüneke mit der Kamera begleitet – vom Anruf auf dem schwarzen Wählscheiben-Telefon bis zum Prost mit einem „Kurzen“ nach erfolgreicher OP in der Stallgasse. Wie das knapp 60 Jahre später aussieht, wenn es heißt „De Tierarzt mut kamen“, dokumentierte Sohn Steffen mit einem neuen Dreh über den Praxis-Nachfolger in dritter Generation, Jan-Hennig Kahrs: Mit neuem Equipment - aber noch immer unter der gleichen Rufnummer wie auf der Wählscheibe von damals erreichbar. Und was sich in Sachen Land- und Gülletechnik getan hat, zeigten Filmsequenzen aus dem Lohnbetrieb Biermann-Wietzen ebenso wie beeindruckende Drohnenaufnahmen von der aktuellen Mais- und Rübenernte.
Den Strukturwandel in der dörflichen Landwirtschaft thematisierte Lüdeke Senior bereits im Jahr 1993 mit vielen Hof-Interviews. Betriebe, die hunderte Jahre Familien ernährt hatten, existierten oft nur noch im Nebenerwerb. Wie sich die Zahlen in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, hatte Wilhelm Lüdeke dann aktuell für den Film beim statistischen Landesamt recherchiert: 1949 gab es in Wietzen samt Ortsteil Holte 291 landwirtschaftliche Betriebe, 2010 nur noch 45. Der Kuhbestand schrumpfte von 1087 auf 340, Betriebe mit Milchvieh von 80 auf 9. Sauenhaltung gab es 1949 auf 88 Höfen (Bestandzahl 1069), 2010 waren es nur noch 8 (allerdings mit Bestandzahl 892). „Zahlen zum Nachdenken“ präsentierte er aus der bundesweiten Statistik: 1950 ernährte ein Landwirt zehn Personen, heute 131. Für ein Kilo Kotelett arbeitete ein Verbraucher 1960 zweieinhalb Stunden, heute gerade mal 20 Minuten.
Dass Nutztiere es früher in dunklen Stroh-Ställen und mäßig frischer Luft nicht zwangsläufig komfortabler hatten als im hellen Mast- oder Boxenlaufstall heute, machten Aufnahmen vor Ort von damals und heute deutlich. „Zu allen Zeiten haben Landwirte für die beste Versorgung ihrer Tiere Sorge getragen und tun das noch heute“, kommentierte Lüdeke die Szenen. Aber nicht nur die Arbeit in der Landwirtschaft, auch den Erntedank haben Lüdekes mit der Zeitreise durch Wietzens bäuerliche Landwirtschaft festgehalten. Und das wird trotz Strukturwandels und Hightech-Maschinen immer noch ganz traditionell mit vielen buntgeschmückten Festwagen und Dank in der Kirche gefeiert.